Am Samstag, den 21. Oktober, fand in Liestal das jährliche Ratsherrentreffen statt. Dabei handelt es sich um den gesellschaftlichen Austausch unter den Zunfträten der 5 Talzünfte, der Zunft Rebmessern Reinach, der Magdalenenzunft Dornach, der Säulizunft Arlesheim, der Zunft zu Wein – & Herbergsleuten Aesch, der 2023 organisierenden Zunft zum Stab Liestal sowie der Gastzunft, der E.E. Zunft zu Kürschnern aus Basel, der vorsitzenden Zunft der Basler Zünfte.
Gute gelaunt fanden sich alle in der Zunftstube der Zunft zum Stab im Restaurant Stadtmühle ein, um den Nachmittag mit einem Apéro Riche zu starten. Dabei wurde auch der zunfteigene Weisswein, der „zünftig Wyss“, ausgeschenkt, welcher einen äusserst guten Anklang fand. Unser Meister Hans Vogt eröffnete das Programm wie immer gekonnt und mit Schalk, bevor Zeremonienmeister Moritz Bolcato die Detailinformationen zum Ablauf bekannt gab. Dieser sah vor, in vier Gruppen verschiedene Posten zu besuchen, so das Törli, das Rathaus, das Dichter- und Stadtmuseum und die Stadtkirche. Am Posten Kirche begrüsste Schreiber Christian Allemann die zünftige Schar und stellte unseren Pfarrer und Zunftherr Andreas Stooss vor. „Wir befinden uns hier am schönsten Ort von Liestal“, verkündete er zu Beginn seiner Ausführungen. „Der Ort sei auch sehr beliebt für Konzerte“, fügte er an. In der Folge berichtete Andreas Stoos über die Geschichte der Kirche seit den Zeiten der Römer, als diese an diesem Ort ein viereckiges Kastell mit vier Durchgängen errichteten, bis hin zur Renovation im Jahre 2005. Nach der Römerzeit und vielen Völkerwanderungen wurde die Kirche ab dem 7. Jh. bis zum 16. Jh. immer wieder umgebaut, neu gebaut; im 13. Jh. wurde sogar der Turm von seinem alten Ort diagonal an die heutige Stelle verlegt, bzw. neu gebaut. Im 16. Jh. fand dann die teuerste Phase der „Bauerei“ statt. Dabei „übernahm“ sich Liestal und nach Hilferufen bei anderen Kantonen wurden finanzielle Beiträge (u.a. aus ZH, LU, BS) gesprochen. Dies belegen ein paar Wappenscheiden in der Kirche. Die Zuhörer durften weiter erfahren, dass die Kirche wegen einem der Schutzheiligen heute auch Martinskirche genannt wird. Im gewölbten Chor zeigte uns der Pfarrer noch etwas Besonderes, das Tabernakel, ein kunstvoll gestalteter Schrein. Dieses befand sich an dieser Stelle schon bis zur Renovation 1529. Es wurde dabei zugemauert und 1942 bei der völligen Innenrenovation wiederentdeckt und sichtbar gemacht. Im zweiten Teil des Postenbesuches in der Kirche wurden die Besucher überrascht vom Auftritt des Organisten Ilja Völlmin, welcher zuerst einen Blick in die Geschichte der Orgel der Kirche gab. In der Folge öffneten sich die Augen & Ohren der Besucher immer mehr, als der Organist viele Details zu den Funktionen der Orgel erklärte und auch gleich ein paar Klänge zum Besten gab. Wir erhielten dabei auch einen Blick in das Innenleben dieser mit ca. 3000 Pfeifen bestückten Orgel. Zum Schluss der Besuche spielte er jeweils ein 10minütiges Stück von Mozart oder vom französischen Komponisten & Organisten Louis Viere. Mit viel Applaus quittierten die Gäste die Kurzkonzerte; einfach ein Highlight. Im Rathaus wurden die Anwesenden im Hof beim Brunnen von Säckelmeister Philippe Studer in Empfang genommen. Der Zunftherr, versierte Stedtliführer und Liestal-Kenner Hanspeter Meyer führte in der Folge die Erkundungstour durch das Gebäude. So wurde etwa im Ratssaal die tolle historische Ausstattung bestaunt. Die Geschichte der Gemälde, des Gebäudes und der Burgunderschale wurde erzählt, ebenso wie eine tolle Anekdote des ehemaligen Kaisers von Zentralafrika J.B. Bokassa. Dieser Egozentriker, welcher anlässlich eines Besuches in Liestal unsere liebste Trinkschale einfach einpacken und mitnehmen wollte, weil er sie für ein Geschenk hielt. Wir haben uns aber damals erfolgreich gewehrt. Daher ist das Original nun gut geschützt im DISTL aufbewahrt. Da das Wahlbüro an diesem Tag einige Teile des Rathauses in Beschlag nahm, konnte leider nicht das ganze Rathaus besichtigt werden. Aber wir wollten ja nicht riskieren, dass danach behauptet wird, an den Wahlen wurde zünftig manipuliert. An diesem Posten durften alle einen weiteren Apéro geniessen, schliesslich macht die Aufnahme von solch vielen Informationen durstig. Am Posten des DISTL wurden die Teilnehmenden von Siebner Urs Geier begrüsst. In der Folge führte die stellvertretenen Museumsleiterin Rea Köppel gekonnt, routiniert und mit viel Witz durch die neue Dauerausstellung, welche im Mai 2022 eröffnet wurde und bei den Besuchern grossen Anklang fand. Den Beginn der Führung machte aber in der Einleitungsshow Wildschwein Fritz Gruntz, das die Anwesenden amüsant und einige Lacher und Schmunzler auslösend auf die bevorstehende Museumsführung einstimmte. Die Ausstellung verknüpft Geschichte und Brauchtum der Stadt Liestal mit dem Leben und Werk von bedeutenden Dichtern, die eine Verbindung zu Liestal und der Region aufweisen und der Stadt zu der Bezeichnung “Poetennest” verhalfen: Georg und Emma Herwegh, Josef Viktor Widmann, Carl Spitteler und viele mehr. Die Bilder-, Plan- und Waffensammlung der Stadt Liestal sowie die Dichternachlässe, die das Museum betreut, bilden einen reichen historischen Schatz, mit dessen Hilfe die Gegenwart mit lebendiger Geschichte verknüpft werden kann. Objekte aus der römischen und mittelalterlichen Vergangenheit der Stadt machen Geschichte im Museum fassbar. Einen Höhepunkt bildet die im Rathaus erwähnte, aber im Museum zu bestaunende “Burgunderschale”, eine teilvergoldete Silberschale aus dem Besitz des Herzogs Karl des Kühnen, die der Liestaler Heinrich Strübin 1477 in der Schlacht von Nancy erbeutete. Historisch bedeutsam ist auch der Freiheitsbrief von 1798, der der Landbevölkerung die gleichen politischen Rechte wie der Stadtbevölkerung zusicherte, zumindest für eine kurze Zeit und nur in der Theorie. Daher kam es dann 1831 zur bekannt blutigen Kantonstrennung. Der Kreis der Führung schloss sich im Teil Brauchtum und Geselligkeit, wo die gesellige Runde jeweils das Ende der Führung beklatschte. Die Sonderausstellung «Eheglück und Ehekrach», welche aus Zeitgründen nicht auch noch besucht wurde, löste bei den Teilnehmenden schon nun vom Namen her einige Kommentare und Lacher aus. Vertieft kann man im Museum noch bis im April 24 ins Thema eintauchen, bevor dann die Sonderausstellung 100 Jahre Pfadi gezeigt wird. Beim Törli begrüssten neo Zeremonienmeister Daniel Grola und der Ehrenzunftherr Franz Schmidlin die jeweilige Gruppe. Zu Beginn erläuterte Franz Schmidlin die Aussenseite des Törli, von der Malereien bis zur Bedeutung des Glögglis. Danach folgte der Aufstieg ins Uhrwerkzimmer, wo die zünftigen Kameraden nach dem ersten Treppenstiegen für die kurze Sitzgelegenheit nicht undankbar waren. Erläutert wurde dann das Uhrwerk, welches in seinem Glaskasten bewundert werden konnte. Nach weiteren steilen Stufen nach oben zum Turmzimmer hörten die Gäste hoch über dem Städtli die nächsten wunderbaren Infos und Anekdoten. Abgerundet wurde der Törlibesuch mit einem Apero im unteren Zimmer, wo Daniel Grola mit weissem Zunftwein auf die Gäste wartete.
Nachdem das spannende Postenprogramm beendet war, fanden sich um 1830 Uhr alle 4 Gruppen und allen Zünftigen des OK im Saal des Rest. Mooi ein. Unser Zeremonienmeister eröffnete den Abend, bevor er das Wort unserem Meiser Hans Vogt zur zweiten Begrüssung übergab. Dr. Willi Rühl von der E.E. Zunft zu Kürschnern liess es sich kurz darauf nicht nehmen, ein paar Worte an die Zuhörer zu richten. Gekonnt, wie man die Basler Redner kennt, brachte er die Zuhörer zum Schmunzeln und sorge auch für einige Lacher. Danach wurde die Kürbissuppe serviert.
Wenig später war die Bühne frei für den Auftritt der Genesis Streetworkout, zwei Athleten, welche mit unglaublichen Vorstellungen eindrucksvolle Kraftübungen vom Feinsten vorführten, bestehend aus einer Kombination von statischen und dynamischen Elementen. Allein vom Zuschauen war man schon ausser Atem und war froh, sich beim Hauptgang (Kalbsbraten, Kartoffelgratin, Gemüse) ein wenig zu erholen, bevor die beiden die Zuschauer erneut ins Stauen versetzten, mit ihrer Darbietung, welche gleichermassen Kraft, Geschicklichkeit und Ästhetik beinhaltete. Nun war aber auch Zeit für den gemütlichen, gesprächigen Teil des Abends, schliesslich trifft man viele Talzünftler aus Aesch, Reinach, Dornach und Arlesheim ja nur einmal im Jahr. Vor und nach dem Dessert (Zwetschgen-Pannacotta mit Brownies) fand demzufolge ein reger Austausch unter den Zünftigen statt. Es herrschte eine kameradschaftliche Stimmung im Mooi. Alle Gäste lobten unser zusammengestelltes Tagesprogramm an diesem Ratsherrentreffen.
Es war ein gelungener, grossartiger, von Bannerherr Andreas Barth topp organisierter Anlass mit einem feinen Abendessen. Alles hat gepasst, es war kurzweilig, gemütlich und interessant. Jetzt haben wir Stäbler fünf Jahre Pause und freuen uns auf das nächste Ratsherrentreffen in Reinach bei der Zunft zu Rebmessern.